Anlässlich der ersten „Süddeutschen HiFi-Tage“ Anfang September im Hotel Holiday Inn in Stuttgart konnten wir den Workshop-Profi Matthias Böde vom renommierten HiFi-Magazin STEREO für eine ebenso informative wie unterhaltsame Tour über die Messe gewinnen. Fünf zirka halbstündige Themen bei unterschiedlichen Ausstellern standen auf dem Programm. Erfahren Sie hier, was geboten war.
Los ging’s im Raum von Music Line, dem hiesigen Vertrieb so renommierter Marken wie Naim Audio oder Focal. Unser Auftrag: Einmal zeigen, wie sensibel Komponenten auf ihre Aufstellung reagieren. Testobjekt ist Naims CD-Spieler CDX 2 zum Preis von rund 5000 Euro. Der Hersteller hat ihn bereits mit einem soliden Gehäuse ausgerüstet, und in der Vorführung steht er auf Naims „Fraim“-Rack, einer ausgebufften Konstruktion, die Holz und Metall miteinander kombiniert. Der Clou sind kleine, harte Stahlkugeln unter der Stellfläche aus Spezialglas.
Böde lässt Wolfgang Bernreuthers atmosphärisch dichtes, luftig und detailreich gestricktes „For Ole“ von der STEREO-Hörtest-CD VIII anlaufen; und dann gleich nochmal, damit die zahlreichen Zuhörer es gut im Ohr haben. Nun werden flugs die Kugeln entfernt, so dass die Glasplatte direkt und stumpf auf den metallischen Aufnehmern liegt. Und schon ist die Wiedergabe nicht mehr so flirrig und inspiriert, wirkt der Grundton leicht brummelig, und das Spektrum klebt stärker an den Focal-Boxen. Erst recht, als der Player direkt auf den Fußboden wandert. Der Esprit ist weg, denn nun kann die Schallenergie, die den CDX 2 anregt und zu den Verschmierungen führt, so der STEREO-Redakteur, nicht mehr optimal abgeleitet werden, vagabundiert folglich durchs Gerät und schmälert so dessen Performance. So einfach ist’s und ein klarer Hinweis auf die Notwendigkeit eines hochwertigen HiFi-Racks. Denn sonst ist die Investition in Top-Komponenten leicht für die Katz!
Ein Highlight für Analog-Fans wartet an unserer zweiten Station. Im Saal von Avantgarde Acoustic und Clearaudio spielt ein mächtiges Laufwerk des Typs Master Innovation, auf das gleich zwei Tonarme montiert sind: der Drehtonarm Universal mit resonanzarmem Carbon-Teleskoprohr für 4700 Euro sowie der ultimative Tagentialarm TT1-MI, der mit sage und schreibe 22.700 Euro zu Buche schlägt. Es geht um den Klangvergleich und einen Nachweis der Existenzberechtigung von Tangentialarmen, die darin besteht, dass Schallplatten bekanntlich tangential, also auf gerader Linie geschnitten werden. Deshalb bleibt ein radial den Abtaster führender Drehtonarm immer ein Kompromiss. Zwar vermindert die Kröpfung den Spurfehlwinkel erheblich, wie Böde erklärt, doch die Nulllinie schneidet der Diamant auf dem Weg über die Platte nur zweimal. Aus Gründen der Fairness sind beide Tonarme mit identischen Abtastern bestückt, und zwar mit je einem Clearaudio „Goldfinger“, die am Phono-Amp von Avantgarde Acoustic umgesteckt wurden. Stückpreis: um 12.000 Euro. Na, dann kann es ja losgehen.
Tatsächlich kommen alle drei Beispiele von der mit 45 Touren rotierenden STEREO „Best of“-Hörtest-LP noch gelassener, offener und weiträumiger, wenn die 180-Gramm-Scheibe tangential abgetastet wurde, wobei die Betonung auf „noch“ liegt, denn das Gesamtniveau ist in jedem Fall sehr hoch. So etwa das feurige „Strings On Fire“, von Henry Mancini nicht nur komponiert, sondern auch selbst geleitet. Die Streicher haben etwas mehr Aura und Schmelz, die oberen Lagen eine Prise zusätzlichen Charme. Ganz typisches Ergebnis, kommentiert Matthias Böde, der dies auch aus Vergleichen kennt, die er ein paar Preisklassen tiefer gemacht hat. Und damit auf zur nächsten Runde!
Es ist ein Dauerbrennerthema: Klangunterschiede aufgrund unterschiedlicher digitaler Auflösung der Musik. Aufgekommen ist es einst mit den MP3-Playern und der Diskussion rund um die Datenreduktion. Heute geht der Trend zum Glück eher in die andere Richtung, nämlich hin zu Hochbit-Files mit erheblich höheren Datenraten als bei unserer guten, alten und bewährten CD. Deren technisches System lautet 16 Bit digitale Wortbreite bei einer Abtastrate von 44,1 Kilohertz. Im Check, den wir bei B&W durchführen, wo ein Paar großer 800 D3 von Rotel-Elektronik angesteuert wird, die ihre Signale wiederum aus einem Aria-Server erhält, kommen Formate von 320-Kilobit-MP3 bis zu 24 Bit/192 kHz zum Einsatz. Es handelt sich jeweils ums selbe Musikstück, das in jeder Auflösung mit exakt derselben Lautstärke reproduziert wird. Alles andere wäre ja auch Schmu. Für den geschwinden Wechsel sorgt die Steuerung per iPad. Flüssiger geht nicht!
Böde spielt Tracks aus der STEREO Hörtest-Edition III an, native Hochbit-Aufnahmen in 24/192 des berühmten New Yorker Jazz-Labels Chesky Records. „We’ll Be Together Again“ des Jimmy Cobb Quartets hat so maximale Ausstrahlung und atmet richtig durch. Je weiter die Datenrate reduziert wird, desto kompakter, enger und uninspirierter gerät die Darbietung. Keine Überraschung, oder? Schließlich sehen HD-Bilder im Fernsehen auch besser aus als das Normalprogramm. Mit weiteren Testtiteln verhält es sich ebenso. Deshalb gehört Hochbit-HiFi neben Analog die Zukunft.
Unser nächster Stop beim Lautsprecherspezialisten Canton widmet sich einem vermeintlich simplen, ja, beinahe banalen Punkt. Es geht um die Boxenplatzierung im Raum. Böde scherzt, wenn er wüsste, wieviel eigentlich erstklassige Lautsprecher weit unter Niveau aufspielen, weil sie von ihren Besitzern nur irgendwo statt korrekt aufgestellt wurden, würde ihm dies gewiss den Schlaf rauben.
Canton-Mitarbeiter Dirk Halfmann hat ein Paar ausladender Reference 2K sorgfältig im großen Saal hingestellt, so dass diese untereinander wie auch mit der Raumakustik bestens harmonieren. Denn die beiden Boxen erzeugen gemeinsam das Schallfeld und sollten sich dabei ergänzen, statt sich schlimmstenfalls gegenseitig zu behindern.
Was dann passiert, hört man sich am besten in der Praxis an. Es reichte, die großen Lautsprecher gerade aufzustellen, statt sie leicht einzuwinkeln, damit Amber Rubarths extrem plastisches, weil per Kunstkopfmikrofon eingespieltes „Sweet Mystery“ statt zuvor räumlich gleichsam zerrissen rüberkam. Die zuvor exakt abgesteckte Bühne glich nun einer riesigen Blase. Wir rückten die gut 70 Kilogramm schweren Cantons wieder zurecht, reduzierten nun aber die Basis, rückten die Boxen also um jeweils etwa 15 Zentimeter aufeinander zu. Als Resultat erscheint die Abbildung irgendwie „verklemmt“ und eingegengt. Die Leichtigkeit ist weg. Stehen die Boxen um denselben Betrag zu weit auseinander, mangelt es hingegen an Grundton und Energie, wirkt alles ziemlich blass. HiFi-Fans wissen, dass schon geringste Veränderungen in der Aufstellung deutliche klangliche Differenzen bewirken können. Der Workshop wollte dafür sensibilisieren, Zuhause mal nachzuprüfen, ob die eigenen Boxen wirklich richtig stehen. Schon damit Böde besser schläft.
An der letzten Station seiner Workshop-Tour trifft der STEREO-Mann bei Reichmann Audiosysteme auf Music Halls Plattenspieler mmf-9.3 SE für rund 2400 Euro, der neben Musical Fidelitys ungefähr gleichteurem CD-Player M6scd zeigen soll, was ein guter Vinyldreher drauf hat.
Als erstes machen wir den Vergleich Schallplatte/CD. Weil’s so schön ist, nochmals mit „For Ole“. Dass dabei beide Geräte praktisch auf Augenhöhe liegen, mag manchen Zuhörer erstaunt haben, der womöglich seit Jahren keinen Kontakt mehr zu Schallplatten hatte. Aufgrund einer minimal sonoren Abstimmung des im mmf-9.3 SE verbauten, erstklassigen MC-Abtasters Goldring Eroica LX, der solo fast 600 Euro kostet, tönt dieser um eine Nuance dunkler, aber ebenso gelöst, feingliedrig und dreidimensional wie der CD-Spieler.
Wir legen einen Gang zu. Nun gibt ein Streamer Monty Alexanders „Feels Like Being In Love“ in der Hochbit-Version (24 Bit/192 kHz) wieder. Der Music Hall spielt die davon höchstwertig produzierte Schallplatte der STEREO Hörtest-Edition III. Und er klingt echt prima, doch nicht ganz so detailreich und offen wie der Streamer. Aus Erfahrung wissen wir, dass beide Systeme selbst unter diesen verschärften Bedingungen klanglich gleichziehen können. Doch dann wird’s teurer.
Aber es geht durchaus auch andersherum. Als kleine Sensation hat Böde Anne Bissons letztjährig im Studio der Mastering-Legende Bernie Grundman in Los Angeles eingespieltes Album „Four Seasons in Jazz“ mitgebracht. Dieses wurde im anspruchsvollen Direktschnittverfahren, ergo ohne analoge oder digitale Zwischenspeicherung unmittelbar auf die Lackmatritze der Schneidemaschine gebracht. Preis des Aufwands: 120 Euro für die 45er-Doppel-LP. Kein Grund, den Kontostand zu prüfen: Die paar Exemplare der limitierten Auflage, die nach Deutschland kamen, sind längst vergriffen.
Matthias Böde spielt das ungemein frische, eingängige „Summer Me – Winter Me“. Kaum zu glauben, wie „echt“ und unvermittelt das Stück zwischen den Triangle-Boxen erscheint. Wir wechseln zur ebenfalls prima CD-Fassung, die von einer parallel zum Direktschnitt laufenden Digitalaufnahme gezogen wurde. Doch diesmal hat der Player keine Chance, denn er tönt kühler und distanzierter als die Schallplatte sowie irgendwie „technoid“. Dafür kostet die Silber-Disc nur 30 Euro. Und sie ist noch zu haben.
Damit endet unser Workshop-Trip. Es hat Spaß gemacht. Danke, und bis zu den nächsten „Süddeutschen HiFi-Tagen“ am 7. und 8. September 2019!